Rennradwoche Toscana mit Strade Bianche und Tirreno-Adriatico 2024

Und immer wieder Toscana! In der ersten Märzwoche 2024 reiste ich mit Kollege Santi in den Süden, um ihm meine zweite Heimat zu zeigen. Wir kennen uns schon seit unserer gemeinsamen Zeit im Sandkasten und mittlerweile ist er zu einem begeisterten Rennradfahrer geworden. Zwei Radsportfreaks zusammen am schönsten Ort der Welt unterwegs, das sollte cool werden. Die Wahl des frühen Datums hatte übrigens einen Hintergedanken: Mit Strade Bianche in Siena und Tirreno-Adriatico in Follonica standen gleich zwei World Tour Rennen innerhalb weniger Tage auf dem Programm. Und das nur unweit entfernt von unserer Wohnung in Caldana.

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Caldana - Meine zweite Heimat.


Wir fuhren am Freitag runter, um uns einzurichten und am Samstagmorgen ging es dann gleich weiter nach Siena. Wir schauten uns zuerst den Start der Männer in der Stadt an und spazierten nachher zum legendären Schotteranstieg Le Tolfe mit bis zu 18% Steigung. Es ist die letzte Rampe kurz vor dem Ziel, hier wurde schon mehrmals die Rennentscheidung gesucht. In diesem Jahr wurde die Strecke verlängert, ganz zur Freude der Zuschauer. Die Schlaufe mit den Anstiegen Colle Pinzuto und Le Tolfe musste nun zweimal absolviert werden.

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Der Start der Männer in Siena.

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Buongiorno Strade Bianche!


Die Frauen waren bereits in der Schlussphase ihres Rennens und als wir beim Le Tolfe eintrafen dauerte es nicht lange, bis die Spitzengruppe auftauchte. Die Favoritinnen mit Lotte, Demi, Kasia, Elisa, usw. waren da noch in der Verfolgergruppe mit ca. 2 Minuten Rückstand. In der letzten Runde sah das dann anders aus, da waren die grossen Namen ganz vorne anzutreffen und sie powerten eindrücklich die steile Rampe hoch. Umgeben von jubelnden und schreienden Tifosi, die Stimmung war super. Selbst die abgehängten Fahrerinnen mit viel Rückstand wurden angefeuert, als würden sie um den Sieg mitfahren. Die Schmerzen im Gesicht wichen für kurze Zeit einem Lächeln. Auf dem Telefon verfolgten wir live die letzten Kilometer. Lotte Kopecky attackierte in der allerletzten Steigung zum Ziel hinauf und distanzierte Elisa Longo Borghini um wenige Sekunden. Demi Vollering sicherte sich im Sprint den 3. Rang und meine Favoritin Kasia Niewiadoma wurde undankbare Vierte...

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Die Spitzengruppe der Frauen zum ersten Mal beim Le Tolfe.

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Die Topfavoritinnen in der Verfolgergruppe.

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Weltmeisterin gegen italienische Meisterin!

rennradwoche_toscana_maerz2024 32jpgKasia am Beissen...

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Lizzie Deignan mit Kampfspuren am Oberschenkel...

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Zunge raus!


Wir nutzten die kurze Rennpause für eine Verpflegung in einem nahegelegen Restaurant, um das Rennen der Männer gestärkt in Angriff zu nehmen. Als wir nach einer guten Stunde zurück am Le Tolfe waren, hatte sich die Zuschauermenge auf einmal verdoppelt. Bei den Frauen war die Stimmung schon krass, aber jetzt herrschte der Ausnahmezustand! Jedes Polizeimotorrad das vorbeifuhr wurde bejubelt, die Begleitfahrzeuge blieben in der Menschenmenge stecken, es war das pure Chaos. Und da waren die Rennfahrer gar noch nicht aufgetaucht. Der Erste, den man dann in der Abfahrt in Richtung Le Tolfe erkennen konnte, war Superstar Tadej Pogačar. Er wollte nicht bis zum Schluss abwarten, sondern er suchte die Entscheidung bereits 80 km vorher. Eine so lange Soloflucht war äusserst mutig, aber als er an uns vorbeibrauste, da wusste man: Dieser Mann hat einen Plan. Die Menge drehte jetzt vollends durch! Danach war es länger ruhig, bis die grosse Verfolgergruppe mit über 3 Minuten Rückstand den Hügel hinaufsprintete. Kaum war der ganze Tross vorbeigezogen, da kam auch schon wieder Pogi angeflogen und der Zirkus begann von vorne. Jetzt war klar, der Sieg ist ihm nicht mehr zu nehmen. Die Verfolger waren Toms Skujins und Maxim van Gils und mit leichtem Abstand Tom Pidcock. Diese Reihenfolge blieb dann bis ins Ziel unverändert.

Wow, was war das für ein Rennen!! Wer wissen will, wie die Stimmung wirklich war, auf meinen YouTube und Instagram Kanälen gibt es einen Zusammenschnitt.

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Pogi auf dem Weg zum Sieg!

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Was für eine Stimmung!!

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Die Begleitfahrzeuge kämpfen sich durch die Menschenmasse...

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Meine Souvenirs von der Strade Bianche!


Am Sonntag traten wir dann selber das erste Mal in die Pedalen und machte eine kurze Tour in der Nähe von unserem Haus. Kurz, weil das Wetter ziemlich unberechenbar war. Die ganze Woche gab es immer wieder Regen, zum Glück meistens erst gegen Abend und in der Nacht. Am Morgen war es dann wieder trocken und die Sonne zeigte sich. Mit Temperaturen um die 15 Grad war es schon angenehm warm, so dass wir unsere weissen Beine das erste Mal raushängten.

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Das Wetter machte die Tourenplanung spannend...

rennradwoche_toscana_maerz2024 23jpgDie weissen Beine dürfen wieder an die Sonne.

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Der Anstieg nach Tatti ist wunderschön!


Am Dienstag stand dann das nächste Highlight an, die Tirreno-Adriatico Rundfahrt machte Halt in Follonica. Wir nutzten die Gelegenheit und fuhren mit unseren Rädern in einer grossen Schlaufe via Ribolla, Massa Marittima und Marsiliana in Richtung Follonica. Kurz vor Follonica waren wir dann auf der offiziellen Rennstrecke. Wir waren ca. 30 Minuten vor dem Marschplan dort und die Streckenposten liessen uns tatsächlich durchfahren. Wir drückten aufs Gas und lieferten uns unser eigenes Rennen. Am Streckenrand standen bereits die Zuschauer, welche uns zujubelten. Für eine kurze Zeit fühlten wir uns wie die Profis!

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Hobbyradler machen auf Profis...


In Follonica machten wir einen Zwischenhalt bei den Teambussen und Kollege Santi versuchte erfolglos einen UAE Bidon zu ergattern. Nachher begaben wir uns die den Zielbereich, um die Rennfahrer anzufeuern. Sie mussten die Zielrunde zweimal fahren, so kamen wir zweimal in den Genuss. Nach der ersten Durchfahrt musste Mark Cavendish genau vor uns wegen einem Reifendefekt anhalten. Der Mechaniker wechselte nur das Hinterrad, statt ihm schnell ein anderes Bike zu geben. Die Angelegenheit dauerte eine kleine Ewigkeit, da wussten wir schon, Cav wird heute keinen Blumentopf gewinnen...

Nach dem Rennen fuhren wir nochmals ein Stück auf der Rennstrecke in Richtung Scarlino. Neben der Strasse liefen überall in der Wiese Leute rum, die nach weggeworfenen Bidons suchten. Der Fankult ist riesig!

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Wer holt sich die Champagnerflaschen?

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Die erste Runde der Zieldurchfahrt.

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Mark Cavendish wieder mal mit Pech...

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Das Rennen der Begleitfahrzeuge.

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Auf der Heimfahrt waren wir nochmals auf der Rennstrecke.


Am Mittwoch durften wir einen ungeplanten Ruhetag einziehen, es regnete leider den ganzen Tag immer wieder. Wir machten einen Ausflug nach Piombino, assen etwas zu Mittag und schlenderten noch ein bisschen durch das menschenleere Städtchen.

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Nix los in Piombino...


Stichwort menschenleer: Ich war schon in jedem Monat vom Jahr mal in der Toscana, aber so ruhig wie in diesen zwei Märzwochen habe ich es noch nie erlebt. Das hatte aber auch seine Vorteile, wir fanden immer einen Parkplatz, es hatte immer freie Tische im Restaurant und die Strassen waren auch weniger befahren. Das Suchen eines offenen Restaurants für das Abendessen war aber eine tägliche Herausforderung. Wir standen öfters vor verschlossenen Türen, obwohl sie auf Google und Tripadvisor als offen markiert waren... Dafür entdeckten wir aber einige hervorragende Gaststätten, oft gut versteckt und nur von Einheimnischen besucht

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Die italienische Küche in einem Bild!

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Das Wort zum Tag!


Ab Donnerstag zeigte sich das Wetter wieder versöhnlich und wir steigerten den Umfang unserer Ausfahrten täglich. Dank langer Trockenphasen konnten wir jetzt auch über 100 km lange Touren in Angriff nehmen. Ich zauberte alle meine persönlichen Lieblingsstrassen aus dem Hut, um Santi ein möglichst abwechslungsreiches Programm zu bieten.

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Die leeren Strassen der Maremma!

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Sonne!

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Habe ich schon die Schönheit der Toscana erwähnt?!

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Im Windschatten der Locals!


Auch diese Woche bot wieder ein unvergessliches Erlebnis. Die beiden Rennen alleine waren schon die Reise wert und unsere Touren führten uns wieder über die besten Strassen und Hügel. Es wird einfach nie langweilig am schönsten Ort der Welt! Grazie Toscana, ti amo!!

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