Bike-Check: Rocky Mountain Solo C70 2023

Was ist schwarz, schnell, leicht und vielseitig? Das neue Rocky Mountain Solo C70.

Meine Freude war gross, als die Kanadier im Frühling 2023 ihre ersten Gravelbikes mit Carbonrahmen präsentierten. Die letzten zwei Jahre fuhr ich bereits das Solo 50 mit Aluminiumrahmen und war äusserst zufrieden damit. Und da das Gravelfahren mittlerweile zu meiner Lieblingsdisziplin wurde, bestellte ich mir kurzerhand ein Solo C70.

Die aktuelle Solo-Reihe besteht aus 5 Modellen mit Carbon- oder Aluminiumrahmen und verschieden teuren Ausstattungen. Es gibt somit für jedes Budget ein passendes Gefährt.

Wie üblich bei meinen Bikes, gönnte ich auch dem Solo einige Upgrades und baute ein Unikat auf. Rocky Mountain vermarktet die Solos als Bikepacking-Esel. Ich wollte aber eine reinrassige Rennmaschine daraus machen, dazu später mehr.


Die Ausstattung

Das Solo C70 kostet in der Schweiz CHF 4'999.00. Dafür erhält man einen hübschen Carbonrahmen mit Carbongabel und eine solide Ausstattung mit Easton EA70/EC70 Komponenten und EA70 Laufrädern, SRAM Rival XPLR AXS Antrieb und Rival Bremsen und WTB Sattel und Reifen. Da gibt es nichts zu bemängeln, alle diese Teile haben sich bereits tausendfach bewährt. Aus der Schachtel raus wiegt es 9,3 kg in Grösse Medium.

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Das Solo C70 direkt aus der Schachtel. Es ist schwarz...


Der Carbonrahmen hat eine sportliche Formsprache, das Oberrohr ist tief runtergezogen und der Hinterbau ist ebenfalls an einem tiefen Punkt mit dem Sitzrohr verbunden. Die Kettenstreben sind asymmetrisch, um dem Bike mehr Steifigkeit und Reifenfreiheit zu bieten. Dadurch können bis zu 2,2" (55 mm) breite Reifen montiert werden. Das Solo wird mit Einfach-Antrieb ausgeliefert, es kann aber auch ein Umwerfer montiert werden, um eine Zweifach-Kurbel zu fahren. Am Rahmen und an der Gabel befinden sich haufenweise Aufnahmen für die Befestigung von Taschen, Flaschenhalter und Schutzblechen.

Ich gab mich mit der Standardausrüstung aber nicht zufrieden und butterte deshalb noch einige Franken rein, um mein Solo technisch und optisch aufzuwerten. Den grössten Benefit bieten hochwertige Laufräder. Kein günstiges Upgrade, aber mit keinem anderen Teil holt man bezüglich Gewicht und Fahreigenschaften mehr heraus. Ich gönnte mir ein Paar Zipp 303 Firecrest, die sind 1400 g leicht und mit den 40 mm hohen Felgen sehen sie richtig aggressiv aus. Bei den Reifen wählte ich meine bewährte Kombo mit Pirelli Cinturato Gravel M vorne und H hinten in 40 mm Breite. Die Rival Alukurbel tauschte ich aus, da ich bei allen meinen Rädern 170 mm fahre (original ist 172,5 mm). Ich entschied mich auch hier für ein Upgrade und montierte die neue SRAM Force Carbonkurbel mit einem 40er Kettenblatt.

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Mein Solo custom build. Ein Unikat!


Das Solo C70 ist komplett schwarz. Ich mag aber keine schwarzen Fahrräder, die sind einfach nur langweilig und seelenlos... Darum habe ich einige "farbige" Akzente gesetzt. Den Rocky Mountain Schriftzug liess ich von einem Kollegen in oilslick anfertigen, dieser Touch ist auch an den Laufrädern und der Kurbel zu finden. Bei den Anbauteilen verpasste ich meinem Bike einen Oldschool-Look mit Zipp Service Course Lenker, Vorbau und Sattelstütze in silber. Ich sehe immer noch nicht den Sinn von diesen breiten Gravellenkern mit viel Flare, darum habe ich einen klassischen Lenker in 42 cm Breite verbaut. Beim Vorbau wählte ich 100 mm Länge, um eine sportliche Sitzposition zu erhalten.

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Ich bin ein Rocky Mountain Fan und das zeige ich gerne!

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Die Zipp Service Course Teile in silber geben noch mehr Kontrast.


Am Rahmen und an der Gabel sind jede Menge hässliche Schrauben und ein Schutzblechhalter angebracht. Total sind es 75 Gramm (!) Metall, die man mit sich rumschleppt. Das geht gar nicht... Darum habe ich alle Schrauben entfernt und die wichtigsten Löcher mit Titanium Bremsscheibenschrauben im oilslick Design abgedeckt. Damit habe ich 60 Gramm eingespart!

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75 Gramm überschüssiges Metall...

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Die wichtigsten Löcher habe ich mit Titaniumschrauben in oilslick abgedeckt.


Abgerundet wurde mein Aufbau mit einem Selle Italia Flite Ti 316 Sattel, Look X-Track Carbon Pedalen, Zipp Lenkerband und einem 17-jährigen King Cage Flaschenhalter.

Mein Solo C70 custom build wiegt 8,4 kg komplett fahrfertig. Und es sieht richtig scharf aus!

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Leicht, schnell und schön!


Im Gelände

Mit diesem Bike-Check bin ich ein bisschen spät dran, eigentlich könnte ich ihn schon fast als Langzeittest betiteln. Seit über einem halben Jahr fahre ich mein Solo C70 und hatte schon ganz viele tolle Erlebnisse damit.

Was mir bei der Jungfernfahrt damals gleich auffiel war der unglaubliche Vortrieb des Bikes. Dies ist sicher grösstenteils dem leichten Aufbau und den schnellen Laufrädern zu verdanken. Im Vergleich zu meinem früheren Solo 50 in Aluminium, bietet der Carbonrahmen aber mehr Steifigkeit. Vor allem beim Beschleunigen aus den Kurven raus und im Wiegetritt merkt man, wie direkt die Kraftübertragung ist. Ähnlich ist es bei der Lenkung, auch hier wird jede Bewegung am Lenker gleich an das Vorderrad weitergeleitet. Das Fahrverhalten ist deshalb spritzig, ohne aber nervös zu sein. Trotz dieser Steifigkeit bleibt der Rahmen komfortabel, dank dünnen Sitzstreben und 27,2 mm Sattelstütze ergibt sich eine ausreichende Eigendämpfung.

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Der Rahmen bietet viel Reifenfreiheit und die Möglichkeit für einen Umwerfer.


Die Geometrie und mein individueller Aufbau passen perfekt zu meinen Körpermassen und meinem Einsatzzweck. Für mich ist das Gravelbike die geländetaugliche Alternative zum Rennrad und darum mag ich es, dass es sich sehr ähnlich fährt. Ich hatte schon einige Ausfahrten mit bis zu 150 km und 2000 hm unternommen. Ich kann stundenlang auf dem Solo sitzen, ohne irgendwelche Beschwerden zu haben.

Ein Lichtblick ist die SRAM Rival AXS Schaltung. Im Frühling hatte ich bereits mein Mondraker Mountainbike von einer mechanischen SRAM XX1 auf die neue SRAM Transmission XX umgerüstet. Und nun bin ich auch beim Gravelbike von einer mechanischen Shimano GRX zu einer elektronischen Schaltung umgestiegen. Ich war lange Zeit der Meinung, dass man keine elektronische Schaltung braucht. Nicht, weil ich das nicht gut finde, ich wollte einfach möglichst wenig Elektronik am Bike. Mittlerweile habe meine Meinung geändert: Die SRAM AXS ist ein Game Changer! Wenn man sie einmal gefahren ist, wird man nie mehr zu einer mechanischen Schaltung zurückkehren. Die Schaltvorgänge sind präziser und schneller und man muss einfach weniger daran rumschrauben. Einzig die Batterie muss aufgeladen werden, ansonsten ist die Schaltung sehr wartungsarm.

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Die SRAM Rival XPLR AXS schaltet präzise und schnell.


Auch die SRAM Rival Bremsen haben mich positiv überrascht. Sie bieten mehr Biss als die gutmütigen Shimano GRX Stopper. Bei der Ergonomie finde ich allerdings die Schalt-/Bremshebel von Shimano angenehmer in der Haptik. Ich habe keine grossen Hände, die Hoods der Rival sind aber ziemlich knapp bemessen, wenn man die ganze Handfläche drauflegt.

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Der SRAM Rival Bremssattel ist schön im Rahmen integriert.


Bis jetzt bin ich mit meinem Traumbike absolut zufrieden. Alle gewählten Komponenten funktionieren einwandfrei und das Solo zaubert mir bei jeder Ausfahrt ein Lächeln ins Gesicht!

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Das Solo C70 macht ganz viel Freude! (Foto: daluz-works.ch)

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Wer ein Gravelbike hat, braucht kein Indoor-Cycling... (Foto: daluz-works.ch)


Die Renneinsätze

Wie eingangs erwähnt, wollte ich mein Solo C70 zur reinrassigen Rennmaschine aufbauen. Obwohl ich immer wieder sage, dass ich keine Rennen mehr bestreite, kann ich es doch nicht ganz lassen... Diese Saison hatte ich mir zwei Events vorgemerkt, an denen ich teilnehmen wollte: Das Grinduro Italy in Punta Ala und das Gravel Race in Bern.

Beide Wettkämpfe fanden im Herbst statt, deshalb hatte ich viel Zeit, um mich an mein Solo zu gewöhnen und mir eine gute Form aufzubauen.

Das Grinduro Italy fand sozusagen vor meiner zweiten Haustüre in der Toscana statt. Das Gravelrennen im Enduroformat führte über Wege und Trails, die ich schon seit 20 Jahren kenne und deshalb rechnete ich mir hier einige Chancen für eine gute Platzierung aus. Und so kam es dann auch, mein Solo und ich rockten durch die Wälder der Maremma und ich gewann meine Altersklasse und holte mir den 3. Rang Overall! Einen ausführlichen Rennbericht gibt es in diesem Blogbeitrag.

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Ich konnte es kaum erwarten, um meinem Solo die Toscana zu zeigen.

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Vollgas durch die Badegäste! (Foto: facebook.com/visitpuntaala.bike)

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Wir haben das Grinduro Italy gerockt!


Das Gravel Race in Bern bestritt ich zum dritten Mal in Folge. Nach einem 3. und 4. Rang in meiner Altersklasse, wollte ich dieses Jahr noch ein bisschen schneller sein. Die 50 km lange Strecke ausserhalb der Stadt Bern macht richtig Spass und ist für mich der Inbegriff von Gravelbiken. Schnelle Schotterwege, coole Singletrails, knackige Anstiege und Abfahrten kommen genau meinem Fahrstil entgegen. Mit dem neuen Solo war die Motivation nochmals grösser, um ein gutes Resultat abzuliefern. Ich bretterte die Strecke in einer persönlichen Bestzeit durch, das Carbon Solo bewies also, dass es schneller ist, als das Aluminium Solo. Im Ziel gab es aber trotzdem eine Enttäuschung, ich holte mir nur den 8. Rang von 119 Startern. Das Teilnehmerfeld hat sich mittlerweile verdoppelt und dementsprechend stieg auch das Level der Konkurrenz. Nächstes Jahr wieder!

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Unterwegs am Gravel Race in Bern.

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Ein weiterer Renneinsatz zuverlässig und schnell absolviert.


Fazit

Das Rocky Mountain Solo C70 ist ein vielseitig einsetzbares Gravelbike, es macht Bikepacking und Racing gleichermassen mit. Aus der Schachtel heraus bekommt man ein hochwertiges Bike, das jeden noch so harten Einsatz locker wegsteckt. Der Rahmen ist leicht und schön verarbeitet und die verbauten Komponenten funktionieren zuverlässig bei allen Bedingungen. Und wenn man wie ich noch ein paar Scheine reinsteckt, dann wird das Solo zur richtig schnellen Rennmaschine. Love the ride!

>> Website Rocky Mountain Solo

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Ein kanadisches Bike ist sich Kälte und Schnee gewohnt...